Vor 65 Jahren gab es eine ganz besondere Attraktion zum Backfischfest: Zur Eröffnung des Volksfestes im Jahr 1958 traten zwei Damenteams gegeneinander an. Karola Kiefer war damals die Ideengeberin für das beim Backfischfest-Rahmenprogramm total unbekannte Frauen-Ballspiel. „Wo gibt es denn so was?“ kommentierten die Altvorderen den „neumodischen Kram“ und Karola Kiefers Personalchef im Modehaus Steffan blies in das gleiche Horn.
Begeisterung für den Vorschlag kam nur vom damaligen Verkehrsdirektor Hans Schambach. Er hatte nachgefragt, ob jemand von den „Steffan-Damen“ eine neue Idee zur „Belustigung der Backfischfest-Eröffnung“ habe. Karola Kiefer hatte eine, holte ihre „hellauf begeisterten“ Kolleginnen Doris Wassermann und Irmgard Kaltenthaler mit ins Boot, und nur sechs Wochen vor der Backfischfesteröffnung ging das Trio im Modehaus auf Werbetour.
Elf Frauen wurden für eine Mannschaft benötigt und es habe schon ein Stück Überredungskunst gekostet, Fußballerinnen zu werben, erzählte Karola Kiefer viele Jahre später. Vor allem auch, weil keine der jungen Frauen je Fußball gespielt hatte. Außerdem sah es der Personalchef gar nicht so gern, dass Mitarbeiterinnen von Steffan so einem „rohen Männersport“ nachgehen. „Es schickt sich nicht, dass Damen vom Modehaus Steffan Fußball spielen“, war seine Meinung.
Obwohl die Angst umging, man müsse mit Repressalien rechnen, wenn man sich tatsächlich in die Damen-Elf einreiht, gelang es Karola Kiefer nicht nur, eine Mannschaft zusammenzustellen, sondern die Damen auch noch klaglos zwei Mal in der Woche zum Trainieren zu bewegen. Auf dem Alemannia-Sportplatz im Wäldchen machte man sich fit, der Wormatia-Fußballer Herbert Kiefer hatte dabei das Kommando.
Ganz anders die Situation bei den Kaufhof-Fußballerinnen: Auf Anhieb meldeten sich dort so viele junge Damen, dass zwei komplette Mannschaften hätten auflaufen können. Zum Training stellte der damalige Kaufhof-Direktor die zukünftigen Fußballerinnen arbeitsfrei. Mehr oder weniger fit für ein zwei Mal 30- Minuten-Spiel traten die 22 Damen der beiden führenden Wormser Modehäuser um 17 Uhr, am Samstag, 30. August, des Jahres 1958 gegeneinander an.
Sowohl beim Premierenspiel der Damen, als auch bei der Rückbegegnung mit den Kaufhof-Damen ein Jahr später, lief Karola Kiefer als Mannschaftskapitänin der Steffan-Elf auf dem Platz der Fußballturnerschaft, rechts neben der Rheinbrückenauffahrt auf. Das Kaufhofteam wurde von Margrit Dörsam angeführt. Schiedsrichter war die „Spengler-Rieb“, ein Fischerwääder Urgestein.
Vor großer Kulisse
Obwohl noch vor Spielbeginn die Zuschauerkulisse mehr als dünn gewesen sei, so Karola Kiefer, habe sich das im Laufe der ersten Halbzeit geändert. „Da standen die Zuschauer auf einmal in Sechserreihen hintereinander. Die ganze Brückenauffahrt war besetzt, es war unglaublich, was da los war“. Dass die Steffan-Backfische mit einem 0:1 gegen die Kaufhof-Mannschaft verloren hatten, spielt im Nachgang keine Rolle mehr. Der Beifall war für alle Fußballerinnen gleich groß. Freude herrschte bei der siegreichen Mannschaft über die Pralinen als Morgengabe und Siegprämie. „Erst 1959, beim Rückspiel, das wir leider auch wieder knapp verloren hatten“, erinnerte sich Karola Kiefer, „gab es dann Pokale aus der Hand des damaligen Oberbürgermeisters Heinrich Völker.
Die gute Idee Es traten noch mehrere weibliche Damenteams am Backfischfest-Samstag gegeneinander an. 1965 die Kübel-Backfische gegen die Sparkassen-Damen – der originelle Einfall von Karola Kiefer hatte noch lange Jahre Bestand. mk