TSG 1848 Gau-Bickelheim gehört zu den ältesten Vereinen in Deutschland 

ANZEIGE

Turnvater Jahn höchstpersönlich weiht schwarz-rot-goldene Fahne  

Das erste Turnfest nach dem Zweiten Weltkrieg fand 1950 in Wöllstein statt. Keine Frage, dass auch die Männerturnriege aus Gau-Bickelheim mit von der Partie war. Foto: Archiv TSG 1848 Gau-Bickelheim

2021 wurde die Ortsgemeinde Gau-Bickelheim 1250 Jahre alt. Groß gefeiert werden konnte wegen der Corona-Auflagen allerdings nicht. Dafür wurde in diesem Jahr einiges nachgeholt. „Alle Veranstaltungen waren außerordentlich gut besucht“, freute sich denn auch Ortsbürgermeister Jürgen Vollmer über das große Interesse. Doch schon jetzt wirft das nächste Jubiläum seine Schatten voraus, schließlich feiert die TSG 1848 Gau-Bickelheim im kommenden Jahr ihr 175-jähriges Bestehen und zählt damit zu den ältesten Vereinen in Deutschland und weist eine Vereinsgeschichte auf, die die Begeisterung und den Idealismus der Gründungsmitglieder sowie die schwierigen Jahre nach 1848, während der beiden Weltkriege und den Wiederaufbau danach bis zum heutigen Zeitpunkt beinhaltet.Es waren unruhige Zeiten in Rheinhessen, als sich ab etwa 1846 in Gau-Bickelheim junge Männer trafen, um in zwangloser Weise zu turnen. Vor allem in Frankreich florierten zu dieser Zeit liberale Ideen wie die Freiheit der Menschen, Menschenrechte oder der Kampf gegen politische Bevormundung. Diese Forderungen erschütterten nahezu alle Länder in Europa und mündeten schließlich in der Revolution von 1848/49. Der deutsche Südwesten spielte dabei eine besondere Rolle – dazu zählt insbesondere das Gebiet rund um Rheinhessen. Grund dafür waren die ereignisreiche Vergangenheit dieser Region und die engen Verbindungen nach Frankreich.

Signalwirkung für Europa

Als Ende Februar 1848 in Paris der französische König Louis Philippe gestürzt und die Republik Frankreich ausgerufen wurde, besaß dies eine Signalwirkung für ganz Europa. Dieses Jahr war ein Meilenstein in der Geschichte vieler Vereine, denn das Vereinsrecht wurde als Grundrecht anerkannt.

Und so schafften sich in diesem geschichtsträchtigen Jahr die turnbegeisterten Männer aus Gau-Bickelheim eine Fahne in den Farben Schwarz-Rot-Gold an und zogen auf den Krag nach Wörrstadt. Während einer Versammlung wurde die Fahne von Turnvater Jahn höchstpersönlich geweiht. Dieses Ereignis, das als Geburtsstunde des Vereins anzusehen ist, feierte man anschließend in Gau-Bickelheim mit einem großen Umzug durch den Ort.

Turnvater Jahn höchstpersönlich weiht schwarz-rot-goldene Fahne  -2
Recktraining in der Winzerhalle in Gau-Bickelheim. Foto: Archiv TSG 1848
Turnvater Jahn höchstpersönlich weiht schwarz-rot-goldene Fahne  -3
„Pünktlich“ zum 150-jährigen Vereinsbestehen der TSG 1848 Gau-Bickelheim sicherten sich die TSG-Mädchen bei den Deutschen Meisterschaften in München den Titel. Foto: Archiv TSG 1848 Gau-Bickelheim

Höhen und Tiefen

In den folgenden Jahren durchlebte der Turnverein die gleichen Höhen und Tiefen wie die demokratische Entwicklung im Land. Zunächst einmal waren die Turnvereine, die als Keimzellen des revolutionären Geistes galten, verboten. Mit der Niederschlagung der ersten deutschen Freiheitsbewegung schlief auch das Turnen in Gau-Bickelheim wieder etwas ein. Erst 1870 entstand unter der Jugend wieder eine neue Turnbegeisterung: nun fanden auch wieder regelmäßig Turnstunden – zur damaligen Zeit noch im Freien auf einem Turnplatz – statt.

Als Ausdruck der neuen Einigkeit und aus Anlass des 80- jährigen Bestehens wurde der TSG im Jahre 1928 die Ausrichtung des 37. Gau-Turnfestes übertragen. Fast 100 Vereine waren zu Gast in Gau-Bickelheim und maßen ihre Kräfte in der Winzerhalle und auf dem Gelände im Badenheimer Weg.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 mussten alle sportlichen Aktivitäten eingestellt werden. Da das Turnen in den ersten Nachkriegsjahren verboten war, konnte in GauBickelheim erst im Jahr 1949 wieder offiziell und regelmäßig geturnt werden.

Tarnnetze für die Tore

Die TSG war rund 80 Jahre alt, als um 1928 auch der Fußball zu rollen begann. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges gab es sogar zwei Mannschaften. Die der DJK und des Turnvereins, die sich allerdings nicht besonders „grün“ waren, ehe sie sich 1926 vereinigten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs machten sich die fußballbegeisterten Männer des Orts nach der „Zwangspause“ an die praktische Umsetzung ihres Hobbys. Der Sportplatz, der mehr einem Acker glich, wurde mit Hacken und Schaufel wieder hergerichtet, für die Tore wurden Tarnnetze verwendet. Das erste Vereinslokal war die Gaststätte „Laufersweiler“ in der Käfergasse. Einige Jahre später traf man sich in der Gaststätte und Metzgerei „Gesellgen“.

Der alte Sportplatz stand immer wieder in der Diskussion, genügte er doch nicht mehr den Ansprüchen. 1982 beschloss man, ihn um rund 400 Meter zu verlegen und ein Vereinsheim zu errichten. Aber erst 1991 war es dann so weit. Am 29. Juli übergab der damalige Bürgermeister Valentin Faßbinder das neue Sportzentrum samt Flutlichtanlage an den Sportverein.

Sportliche Erfolge

Neben dem Hauptanliegen, in der TSG den Breitensport zu fördern, stießen die Verantwortlichen in der Turnabteilung immer wieder auf Talente – so wie die 1985 geborene Simone Gräsel. Seit 1991 belegte sie in ihrer Altersklasse ohne Ausnahme bei den Gau-Meisterschaften Platz eins. Hierdurch war sie bei den rheinhessischen und den Landesmeisterschaften startberechtigt und stand auch dort stets auf dem Treppchen. 1995 gehörte Simone Gräsel zum C/D-Kader des DTB. Höhepunkte in ihrer Laufbahn waren der Gewinn der deutschen Meisterschaft mit der Mannschaft des Rheinhessischen Turnerbundes im Jahre 1995 und die Aufnahme in den Perspektivkader für die olympischen Spiele 2004. Die ehemalige 1. Bundesligaturnerin hält bis heute der TSG die Treue und trainiert als Übungsleiterin eine Fitness-Gruppe. Für Aufsehen sorgte auch das Aerobic-Team, das sich zum 150-jährigen Jubiläum im Jahr 1998 bei den deutschen Meisterschaften in der Sportaerobic den Titel sicherte.

Die Fußballer wurden in den Jahren 2012, 2013 und 2020 jeweils Kreismeister und 2014 Vizemeister bei den Südwestdeutschen Meisterschaften im Futsal. In den Spielzeiten 2011/12 und 2018/19 wurden die Gau-Bickelheimer Meister in der B-Klasse, was den zweimaligen Aufstieg in die A-Klasse Alzey/Worms zur Folge hatte. Aktuell gehen sie in der B-Klasse Alzey/Worms Nord auf Punktejagd. Um möglichst allen Altersklassen das Fußballspielen zu ermöglichen, ist die TSG im Jahre 2019 eine Jugend-Spielgemeinschaft mit Wallertheim eingegangen.

Alles andere als angestaubt präsentiert sich der Verein mit seinen 630 Mitgliedern heute. Geprägt von Höhen und Tiefen und einer kontinuierlichen Entwicklung sowie großem ehrenamtlichen Einsatz bildet die TSG einen wichtigen Grundstock für die gesellschaftlichen Werte der Ortsgemeinde. Neben Turnen und Fußball werden zurzeit Gymnastik, Fitnesstraining, Kindertanzen, Tischtennis und Volleyball angeboten, wobei das Eltern-Kind-Turnen am meisten boomt. Für die Aktivitäten stehen die Schulturnhalle und die Sportanlage am Ende der Abel-Thivant-Straße zur Verfügung.

Die Ziele des Sportvereins bestehen aber nicht nur in den sportlichen Aktivitäten, sondern auch in der Förderung des Gemeinsinnes. So beteiligt sich die TSG etwa an verschiedenen Events in der Gemeinde. Sie gestaltet an der Kerb mit ihren Auftritten den Kerbesonntag. Die Fußballer sorgen für das leibliche Wohl, die anderen Abteilungen helfen an den Getränkeständen und Kuchentheken. Das jährliche Schlachtfest des Fußball-Fördervereins hat sich ebenfalls fest in der Gemeinde etabliert.

Dass der Verein, der seit 2012 von den Vorsitzenden Andreas Bauer und Hans Gräsel geführt wird, in Bewegung ist, zeigt auch die Tatsache, dass es keinen Stillstand gibt. Denn im kommenden Jahr wird nicht nur das Flutlicht gegen LEDs ausgetauscht, sondern es wird auch ein neues Freizeitgelände mit Bolzplatz und Grillhütte hinter dem Sportheim entstehen.

Glühweinfest und mehr

Für das Jubiläumsjahr 2023 sind folgende Veranstaltungen geplant: Im Januar/Februar soll ein Glühweinfest an der Kreuzkapelle mit Illumination stattfinden, im März eine akademische Feier in der Turnhalle. Im Mai wird ein Fußball-Camp für Kinder über die Bühne gehen, im Juli ein großes Spielfest und ein Jedermann-Fußballturnier. Darüber hinaus findet abends eine Freiluftdisco statt, bei der sicher ausgiebig auf das Jubiläum angestoßen wird. yur
     

Lesen Sie jetzt
In der VG Wöllstein leben rund 12000 Menschen  
Viel Wald und Weinberge 
Geburtsstunde der Verbandsgemeinde schlug im Jahr 1972 
Halbes Jahrhundert VG Wöllstein 
In der Verbandsgemeinde Wöllstein gibt es viel zu erleben 
Nach Lust und Laune genießen